Berechnung eines Elektroabscheiders

Förderung

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Projekttitel

Vermessung und Berechnung der Partikelabscheidung in einem Versuchselektroabscheider

Projektleiter

 Prof. Dr.-Ing. habil. Martin Sommerfeld

Bearbeiter

Dipl.-Phys. Carl-Uwe Böttner

Schlagwörter

Filtration, Luftreinhaltung, Numerik der turbulenten Zweiphasen-Strömung

Problemstellung

Die Schadstoffemissionen über die Abluft stellen die wichtigste Art von Umweltbelastungen bei der Energieerzeugung dar. Ein bedeutender Teil dieser Luftschadstoffe besteht aus Stäuben und Aerosolen. Stäube entstehen in Industriebetrieben (z.B.: Zementfabriken) und vor allem bei Verbrennungsprozessen, nicht nur bei der Verbrennung fester Brennstoffe. In der Industrie und in Kraftwerken werden heute mehr als 99% der Stäube mit Filtern abgeschieden. Feinste Staubpartikel mit Durchmessern von einigen mu-m passieren die Filter jedoch weitgehend. Im Unterschied zu Grobstaub kann dieser Feinstaub über die Atemwege in die Lunge gelangen. Die giftige Wirkung beruht vor allem auf dem Gehalt an Schwermetallen, von denen einige Krebs fördern. Zudem lagern sich an der Oberfläche andere Schadstoffe, wie Kohlenwasserstoffe, Schwefel- oder Stickstoffverbindungen an, die so in die Lunge transportiert werden.

Ein naheliegender Ansatz ist daher die Abscheideleistung der ansonsten befriedigenden Filtertechnik im Bereich der Feinstäube zu verbessern. Zur Reinigung großer Gasmengen kommt meist ein Elektroabscheider zum Einsatz. Die Erforschung der Vorgänge im Elektroabscheider sind noch nicht zu einem erschöpfenden Wissen gelangt, obwohl schon vor einiger Zeit damit begonnen wurde (1,2). Zum derzeitigen Stand ist festzustellen, dass experimentell und theoretisch meist deutliche Vereinfachungen gemacht werden müssen.

So sind die experimentellen Anlagen nicht im technischen Maßstab (1), und bei den numerischen Berechnungen werden wesentliche Einflussgrößen vernachlässigt (3). Empirische Ansätze existieren ebenfalls schon seit einiger Zeit, am bekanntesten ist die Deutsch-Gleichung (4), und werden bis jetzt zur Auslegung herangezogen, obwohl bekanntermassen Ungenauigkeiten in Kauf genommen werden müssen (5). Wegen der verschiedenen Maßstabsabhängigkeiten der wirkenden Kräfte ist eine Übertragung vom Modell auf die Großanlage nicht oder nur eingeschränkt möglich.

Kurzbeschreibung

Daher wurde eine Versuchsanlage aufgebaut, die bei voller optischer Zugänglichkeit aus einem Segment einer Abscheidergasse mit üblichen Abmessungen und Betriebsparametern besteht. Vor allem die Gassenweite, die angelegte Spannung und die Fläche der Niederschlagselektrode sind hierbei realitätsnah verwirklicht. Somit wird einerseits ein technisch relevanter Betriebszustand erreicht und es andererseits ermöglicht, den Einfluss betriebsbedingter Mechanismen, wie beispielsweise das Wachstum der Niederschlagsschicht, experimentell zu beobachten. Die Versuchsanlage dient aber auch zur Bestimmung von Vergleichsdaten für die numerische Berechnung. Besonderes Augenmerk wird hier auf die zugrundeliegende Elektrohydrodynamik gelegt. Die Beeinflussung der Partikelströmung und des Abscheidegrades durch das elektrostatische Feld über die angelegte Hochspannung wird experimentell und numerisch detailliert untersucht. Die experimentellen Messwerte werden zunächst mit dem Laser-Doppler-Anemometer (LDA) bestimmt. In einem nächsten Schritt ist eine Vermessung der Strömung mit der Particle-Image-Velocimetry (PIV) vorgesehen. Die Variation der Parameter betrifft die folgenden Betriebszustände:

  • Gasgeschwindigkeit: 0,5 m/s - 1,0 m/s - 2,0 m/s
  • Hochspannung: 0 V - 20 KV - 40 KV - 60 KV
  • Partikelgrößenverteilungen

Die numerische Berechnung stützt sich auf die finite-Volumen-Methode. Die Zweiphasen-Strömung wird mit dem Euler-Lagrange-Verfahren berechnet. Hierbei wird in zwei unterschiedlich behandelte Phasen unterschieden: die disperse Phase, die in dieser Annahme stark verdünnt ist, besteht aus den Feinstaubpartikeln, und die kontinuierliche Phase ist in diesem Fall die Gasströmung. Die elektrische Feldkraft wird ebenfalls mittels eines finite-Volumen-Verfahrens berechnet und mit der Gasströmung gekoppelt. Die folgenden Abbildungen verdeutlichen das Vorgehen, zunächst die berechnete Feldstärke bei 7 Drähten und in der nächsten Abbildung farblich unterlegt ist die U-Komponente der Gasgeschwindigkeit, darüber sind die Bahnen getrackter Partikel wiedergegeben.

Feldstärke mit 7 Drähten U-Komponente der Gasgeschwindigkeit
 Bild 1: Feldstärke bei 7 Drähten  Bild 2: U-Komponente der Gasgeschwindigkeit

Der Vergleich von Messung und Modellierung zeigt, dass sowohl die Gasströmung als auch die Partikelströmung gut den tatsächlichen Trend wiedergeben, allerdings die Geschwindigkeiten etwas zu hoch vorhergesagt werden.

Diagramm Partikelgeschwindigkeit Diagramm Gasströmung
 Bild 3: Diagramm Partikelgeschwindigkeit Bild 4: Diagramm Gasströmung

Literatur

  1. Chang, C.-L., Bai, H.
    "An Experimental Study on the Performance of a Single Discharge Wire-Plate Electrostatic Precipitator With Back Corona"
    J. Aerosol Sci. Vol. 30, No. 3 (1999), pp. 325-340

  2. Kercher, Hermann
    "Elektrischer Wind, Rücksprühen und Staubwiderstand als Einflußgrößen im Elektrofilter"
    Staub-Reinhaltung der Luft 29 (1969) Nr. 8 August

  3. Choi, B. S., Fletcher, C. A. J.
    "Computation of particle transport in an electrostatic precipitator"
    Journal of electrostatics, 40 & 41 (1997), 413-418

  4. Deutsch, W.
    "Bewegung und Ladung der Elekrtizitätsträger im Zylinderkondensator"
    Annalen der Physik, 68 (1922), S. 335-344

  5. Jones, J. E., Davies, M.
    "A critique of the Deutsch assumption"
    Journal of Physics D, 25 (1992), 1749-1759

Letzte Änderung: 12.08.2020 - Ansprechpartner: Webmaster